Innovative Klein- und Mikroantriebstechnik 2013 

Unkonventionelle Aktoren im Rampenlicht der Antriebstechnik 

Elektrische Klein- und Mikroantriebe stellen komplexe mechatronische Systeme dar, die durch eine ständig  zunehmende Integration und Miniaturisierung von mechanischen, elektrischen und informationstechnischen Komponenten und Funktionen geprägt sind. Die damit einhergehenden Herausforderungen an die Technik, aber auch die Chancen und Innovationspotenziale standen im Fokus der Fachtagung „Innovative Klein- und Mikroantriebstechnik 2013“, zu der die VDE/VDI-Gesellschaft Mikroelektronik, Mikrosystem- und Feinwerktechnik (GMM) eine Reihe von internationalen Experten nach Nürnberg eingeladen hatte. Veranstaltungsort war die Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm.

Die Klein- und Mikroantriebstechnik ist naturgemäß stark interdisziplinär geprägt. „Nur durch eine hohe Entwicklungs- und Systemkompetenz aller am Produktentstehungsprozess Beteiligten ist eine hohe Performance und Produktqualität erreichbar“, unterstrich der wissenschaftliche Leiter der Tagung, Prof. Dr.-Ing. Armin Dietz von der Technischen Hochschule Nürnberg die Notwendigkeit zur Bündelung der Kompetenzen. Die Klein- und Mikroantriebstechnik biete eine sehr große technologische Vielfalt, die sich in einem breit gefächerten Angebot von Beiträgen zu unterschiedlichsten Anwendungsfeldern widerspiegeln. Diese reichen von der Produktionstechnik und Robotik bis hin zur Medizintechnik und Raumfahrt.

Prof. Dr.-Ing. Raimund Gottkehaskamp vom Arbeitsgebiet für Elektrische Maschinen und Theoretische Elektrotechnik an der Fachhochschule Düsseldorf widmete sich in seinem Vortrag den elektronisch umgewandelten Synchronmotoren. Er präsentierte ein neues Modell, mit dessen Hilfe sich das stationäre Betriebsverhalten dieser Motoren auch unter Berücksichtigung parasitärer Effekte beschreiben lässt. Seinen Angaben zufolge lässt sich das in seinem Arbeitskreis entwickelte Modell sowohl auf Permanentmagnetmotoren, als auch auf fremderregte Synchronmaschinen und synchrone Widerstandsmotoren anwenden. Das Modell beinhaltet auch Möglichkeiten virtueller Verschiebungsmessungen, um daraus das Drehmoment eines Motors zu bestimmen.

Formgedächtnislegierungen verfügen über hohe Innovationspotenziale

Über die derzeitigen industriellen Anwendungsmöglichkeiten für so genannte Formgedächtnislegierungen berichtete André Bucht vom Dresdner Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik. Formgedächtnislegierungen werden häufig auch als Memorymetalle bezeichnet, weil sie sich an eine frühere Formgebung trotz nachfolgender starker Verformung scheinbar „erinnern“ können. Die Formwandlung basiert auf der temperaturabhängigen Gitterumwandlung zweier verschiedener Kristallstrukturen eines Werkstoffes.

Formgedächtnislegierungen sind sehr vielseitig einsetzbar. Das Spektrum reicht hierbei von Systemen zur Verbesserung der Crashsicherheit von PKW über energieautarke Temperaturmanagementsysteme bis hin zu Drahtaktoren, die auf elektronische Leiterplatten appliziert sind. In seinem Vortrag verwies Bucht unter anderem auf Anwendungen im Bereich der Sensorik, wo Formgedächtnislegierungen in Aktoren wegen ihrer Möglichkeiten zur Miniaturisierung in Verbindung mit geringem Gewicht und niedrigen Kosten vorteilhaft eingesetzt werden können.

Anwendungen in der Medizintechnik

Über ein sehr zukunftsträchtiges Thema sprach Prof. Dr.-Ing. Matthias Nienhaus vom Lehrstuhl für Antriebstechnik der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Sein Vortrag „Fantasie und Realität – Elektrische Motoren im menschlichen Körper“ erinnerte an ein Szenario, wie es bereits 1966 in dem amerikanischen Science-Fiction-Film „Die fantastische Reise“ beschrieben wurde. In seinem Vortrag stellte er unter anderem ein als „Check-Cap“ bezeichnetes System zur Früherkennung von Darmkrebs vor. Dieses basiert auf einer kleinen Kapsel, die wie ein Tablette geschluckt wird und Bilddaten aus dem Darm an einen Receiver schickt, der wiederum mit einem Computer zur Auswertung der Bilddaten verbunden ist. Ziel der Entwicklung ist es, die für Patienten unangenehme und belastende Darmspiegelung (Koloskopie) durch ein schonendes Verfahren zu ersetzen.

Über den Entwurf eines mit Aktoren ausgestatteten elektromagnetischen Biegewandlers für endoskopische Anwendungen im Bereich der minimal invasiven Chirurgie berichtete Dipl.-Ing. Michael Wöhrmann vom Institut für  Antriebssysteme und Leistungselektronik der Leibniz Universität Hannover. Eigenen Angaben zufolge erinnert das neu entwickelte Endoskop hinsichtlich der Erscheinungsform und der Flexibilität an eine Schlange. Die hohe Flexibilität sei durch eine intelligente Anordnung der unterschiedlichen Aktoren erzielt worden, von denen sich jedes einzelne Element in einem definierten Winkel positionieren lasse.

 
 
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